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Familienrecht - 02/2003

Familienrecht

Zur Unterhaltspflicht von Kindern gegenüber ihren Eltern

Der BGH hatte sich erneut mit der Frage zu befassen, in welchem Umfang Kinder zu Unterhaltsleistungen für ihre Eltern herangezogen werden können. Im nunmehr entschiedenen Fall hat die klagende Stadt der verwitweten Mutter von zwei Söhnen, die noch in einer eigenen Wohnung lebt, Sozialhilfe geleistet. Die Mutter bezieht außerdem Wohngeld seit Januar 1996 und eine Altersrente von monatlich 320,00 DM. Bis März 1997 war die Mutter teilschichtig erwerbstätig und verdiente 900,00 DM netto monatlich. Die Stadt nahm die Söhne für die Zeit ab 1994 auf rückständigen Unterhalt und ab 09. Januar 1999 auf laufenden Unterhalt in Anspruch.

Das Amtsgericht hat der Klage für die Zeit ab April 1997 teilweise stattgegeben, die weitergehende Klage abgewiesen mit der wesentlichen Begründung, der Bedarf der Mutter sei ebenso zu bemessen wie derjenige eines volljährigen Kindes mit eigenem Haushalt. Diesen Bedarf habe die Mutter bis März 1997 durch eigenes Einkommen decken können.

Das Oberlandesgericht vertrat die Auffassung, der Bedarf sei zu niedrig angesetzt worden, was der BGH auf Revision und Anschlußrevision hin bestätigte.

Der BGH vertritt die Ansicht, daß sich das Maß des einem Elternteil geschuldeten Unterhalts nach dessen eigener Lebensstellung bestimmt. Als angemessener Unterhalt müssten aber auch bei bescheidenen wirtschaftlichen Verhältnissen diejenigen Mittel angesehen werden, durch die das Existenzminimum sichergestellt werden könne und die demgemäß als Untergrenze des Bedarfs zu bewerten sei. Insofern sei es nicht rechtsfehlerhaft, zur Ermittlung des Bedarfs auf die in den Unterhaltstabellen enthaltenen Eigenbedarfssätze zurückzugreifen und denjenigen Betrag als Bedarf anzusetzen, der der jeweiligen Lebenssituation des unterhaltsberechtigten Elternteil entspreche. Hinzuzurechnen seien die Kosten der Kranken- und Pflegeversicherung.

Hinsichtlich der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit des Sohnes hat der Senat entschieden, daß diesem von dem Zeitpunkt an, in dem er nicht mehr sozialversicherungspflichtig beschäftigt war, weil sein Einkommen über der Beitragsbemessungsgrenze zur Rentenversicherung gelegen habe, ähnlich wie einem Selbständigen zugebilligt werden müsse, anderweitig in angemessener Weise für sein Alter Vorsorge zu treffen. Insofern vertritt der Senat die Auffassung, in Anlehnung an die Beitragssätze zur gesetzlichen Rentenversicherung sei ein Anteil von 20 % des Bruttoeinkommens für die private Altersvorsorge einzusetzen. In welcher Weise der Unerhaltspflichtige diese Vorsorge treffe, stehe ihm grundsätzlich frei.

Zu den zu berücksichtigenden sonstigen Verpflichtungen des Sohnes gehöre auch die Unterhaltspflicht gegenüber seiner Ehefrau, die nicht auf einen Mindesbetrag zu beschränken sei. Vielmehr sei das Maß des der Ehefrau geschuldeten Unterhalts nach den individuell ermittelten Lebens-, Einkommens- und Vermögensverhältnissen, die den ehelichen Lebensstandard bestimmteb, zu bemessen. Da die Ehefrau der Schwiegermutter nicht unterhaltspflichtig sei, brauche sie mit Rücksicht auf deren –nachrangige- Unterhaltsansprüche keine Schmälerung ihres angemessenen Anteils am Familienunterhalt hinzunehmen.

BGH, Urteil vom 19.02.2003 –VII ZR 67/00-