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Infobrief - Hamm - 01/2004

Steuerrecht

§ 37 II AO Rückerstattungspflicht einer Bank per Überweisung auf gelöschtes Girokonto

Erfolgt eine Überweisung eines Steuererstattungsbetrages entgegen der Anweisung des Steuerpflichtigen auf ein inzwischen gelöschtes Girokonto, ist die Bank nach § 37 II AO als Leistungsempfänger verpflichtet, den überwiesenen Betrag an das Finanzamt zurückzuerstatten.

Unerheblich ist insoweit, daß die Bank zivilrechtlich zur Weiterleitung des Betrages an den Steuerpflichtigen verpflichtet geblieben ist und dieser in Höhe der Erstattung von den Schulden gegenüber der Bank befreit worden ist.

BFH Beschluß vom 06.06.2003 -VII

B 262/02 -

§ 52 AO, § 5 KStG - Eintrittsspende im Golfclub (wahlweise) in Form des Erwerbs eines Kommanditanteils

Nach § 52 I AO verfolgt eine Körperschaft gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern. Ist der Zweck einer Körperschaft auf die Förderung des Sports gerichtet, kommt die Tätigkeit der Körperschaft zwar im Wesentlichen ihren Mitgliedern zugute. Die Förderung der Allgemeinheit kommt aber in Betracht, wenn grundsätzlich jedermann freien Zutritt zur Körperschaft hat und sich die Mitglieder so zumindest als Ausschnitt der Allgemeinheit darstellen.

Für die Gemeinnützigkeit schädlich sind dagegen Verpflichtungen zur Zahlung von lfd. Beiträgen, Aufnahmebeiträgen und Umlagen, deren Höhe eine Repräsentation der Allgemeinheit im Mitgliederbestand nicht mehr gewährleistet.

Müssen die Mitglieder neben den laufenden oder Aufnahmebeiträgen Sonderbeiträge entrichten bzw. sonstige Leistungen erbringen, kommt es dabei auf die Wirkung der Gesamtbelastung im jeweiligen Jahr an. Als Eintrittsspende zu erbringende Aufwendungen in Form einer Kommanditeinlage sind in die Entgelte für den Erwerb der Mitgliedschaft in einem Verein nicht einzubeziehen.

BFH Urteil vom 23.07.03 -I R 41/03 -

Änderung bei der Schonfrist

§ 240 III AO ist durch das Steueränderungsgesetz 2003 geändert worden. Danach wird die Zahlungsschonfrist auf 3 Tage verkürzt. Diese Verkürzung der Zahlungsschonfrist dient der Vereinheitlichung mit dem Zivilrecht, da seit dem 01.01.2002 nach § 676 a II 2 BGB Inlandsüberweisungen längstens binnen 3 Bankgeschäftstagen auf das Konto des Kreditinstituts des Begünstigten zu bewirken sind. Die Änderung tritt zum 01.01.2004 in Kraft.

Vordruck „Einnahmenüberschußrechnung“ - Steuervereinfachung?

Nach dem Kleinunternehmerförderungsgesetz vom 31.07.2003 (BGBl 2003 I S. 1550) wurde u. a. auch die EStDV geändert. Hiernach ist der Steuererklärung für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2003 beginnen (§ 84 III c EStDV) eine Gewinnermittlung gem § 4 III EStG nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck beizufügen (§ 60 IV EStDV). Das BMF hat mit Schreiben vom 17.10.2003 -S 1451 (BSTBL 2003 I S. 502) den amtlichen Vordruck und die Erläuterungen bekannt gemacht.

Ob das Formular zur gewünschten Steuervereinfachung beiträgt, scheint allerdings zweifelhaft. Im Formular finden sich eine Reihe von Widersprüchen und Ungenauigkeiten. Durch die Einreichung der Gewinnermittlung gem. § 4 III EStG mittels des Formulars wird es den Finanzbehörden zwar leichter fallen, computerunterstützte Erprobungen und Abgleiche zu fertigen. Voraussetzung jeglicher Auswertung ist jedoch die korrekte Eingabe der Daten im Formular, was an den Widersprüchen und Ungenauigkeiten scheitern wird.

Entscheidungen zum EStG

§ 9 I EStG - Aufwendungen für vom Arbeitsamt unterstützte Berufsausbildung

1.

Aufwendungen für eine erstmalige, vom Arbeitsamt unterstützte Berufsausbildung zur Bürokauffrau können Werbungskosten sein, soweit sie die Kostenerstattungen nach § 45 AFG (jetzt §§ 79, 81 SGB III) übersteigt.

2.

Das Unterhaltsgeld im Sinne des § 44 AFG (jetzt §§ 77,153 SGB III) ist demgegenüber nicht nach § 3 c EStG anzurechnen.

BFH - Urteil vom 13.10.2003 -VI R

71/02 -

§§ 9 I S. 3 Nr. 1, 21 I EStG - Vorfälligkeitsentschädigungen nicht als Werbungskosten abziehbar

Löst ein Steuerpflichtiger seine Darlehensschuld vorzeitig ab, um sein bisher vermietetes Objekt lastenfrei übereignen zu können, kann er die dafür an den Darlehensgeber zu entrichtende Vorfälligkeitsentschädigung nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus VuV abziehen, wenn er mit dem Kredit Aufwendungen finanziert hatte, die während der Vermietungstätigkeit als sofort abziehbare Werbungskosten zu beurteilen waren.

Hierzu führt der 11. Senat beim BFH aus:

Obschon die Vorfälligkeitsentschädigung Bestandteil der auf die (verkürzte) Gesamtlaufzeit des Kredits bezogenen Gegenleistungen des Darlehensnehmers für die Inanspruchnahme des Fremdkapitals ist und ebenso wie die Zinsen weiterhin auf dem Darlehensvertrag als Rechtsgrund beruht, ist sie das Ergebnis einer auf vorzeitige Kreditablösung gerichteten Änderung des Kreditvertrages. Erst mit dieser Modifizierung des Vertragsinhalts steht dem Darlehensgeber eine seine Interessen wahrende Vorfälligkeitsentschädigung zu.

Diese vertragliche Vereinbarung ist auch steuerrechtlich der „auslösende Moment“ für die Zahlung. Dies hängt mit der nichtsteuerbaren Veräußerung des Grundstücks zusammen.

BFH - Urteil vom 23.09.2003 - IX R

20/02 -

Anschaffungsnaher Aufwand - § 6 Abs. 1 Nr. 1a, § 52 Abs. 16 u. § 9 Abs. 5 S. 2, § 52 Abs. 23a S. 2 EStG

Aufwendungen für die Instandsetzung und Modernisierung eines Gebäudes sind nicht sofort als Betriebsausgaben oder als Werbungskosten abziehbar, wenn es sich um Anschaffungs- oder Herstellungskosten handelt. Als Reaktion auf die Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung des BFH wird durch das StÄndG 2003 die frühere typisierende Verwaltungsregelung der R 157 IV EStR gesetzlich normiert: Danach handelt es sich um (nicht sofort abziehbare) Herstellungskosten, wenn die Aufwendungen für Maßnahmen anfallen, die innerhalb von 3 Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes durchgeführt werden, und sie 15 v. H. der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigen. Die Regelung gilt erstmals für Baumaßnahmen mit denen nach dem 31.12.2003 begonnen wird. § 52 Abs. 16 S. 8 EStG enthält eine Definition des Baubeginns.

§ 32 I Nr. 2, § 52 Abs. 43a EStG - Berücksichtigung von Pflegekindern bei den Pflegeeltern

Aufgrund der Gesetzesänderung ergibt sich folgendes:

Nach dem BFH-Urteil vom 29.01.2003 -VIII R 71/00 - waren Pflegeeltern erstmals verpflichtet, Aufwendungen für die Betreuung, Erziehung und Ausbildung ihres Pflegekindes einzeln nachweisen zu müssen, wenn sie für das Kind Kindergeld bzw. die Freibeträge für Kinder beanspruchen wollten. Durch die Gesetzesänderung bedarf es eines solchen Einzelnachweises nicht mehr. Hat der Steuerpflichtige das Kind allerdings zu Erwerbszwecken aufgenommen (sogen. Kostkinder) kann dieses wie bisher steuerlich nicht berücksichtigt werden.

§ 33 EStG - Kosten zur Wiederbeschaffung lebensnotwendiger Vermögensgegenstände als außergewöhnliche Belastung

Kosten zur Wiederbeschaffung lebensnotwendiger Vermögensgegenstände, wie Hausrat und Kleidung, die aufgrund eines unabwendbaren Ereignisses beschädigt oder zerstört worden sind, können mangels Zwangsläufigkeit nicht steuermindernd als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden, wenn der Geschädigte es unterlassen hat, eine allgemein übliche und zumutbare Versicherung (etwa Hausratversicherung) abzuschließen.

Sind einzelne Risiken nicht versicherbar, trifft den Steuerpflichtigen eine über das übliche Existenzminimum hinausgehende Belastung in einem existenziellen Bereich. In den Fällen sind die Kosten der Wiederbeschaffung voll abzugsfähig. Besteht hingegen ein üblicher und zumutbarer Versicherungsschutz, hätte der Steuerpflichtige der endgültigen Belastung ausweichen können und müssen.

BFH-Urteil vom 26.06.2003 - III R

36/01 -

§§ 38 ff EStG - Erhebung der Lohnsteuer durch Arbeitgeber

Das StÄndG 2003 enthält zahlreiche Änderungen im Bereich der Lohnsteuer.

Neu eingeführt ist die Ersetzung der bisherigen Lohnsteuerbescheinigung auf der Lohnsteuerkarte durch die elektronische Lohnsteuerbescheinigung (§ 31b EStG).

Danach sollen die Arbeitgeber künftig die entsprechenden Daten elektronisch bis zum 28.02. des Folgejahres unmittelbar an die Finanzverwaltung übermitteln. Das Verfahren gilt für Arbeitgeber, die die Lohnabrechnung maschinell durchführen. Dem Arbeitnehmer ist ein Ausdruck mit Angabe des neuen lohnsteuerlichen Ordnungsmerkmals, der sogen. eTIN, auszuhändigen. Arbeitgeber, die mangels technischer Ausstattung Lohnsteuerbescheinigungen nicht maschinell erstellen, sind verpflichtet, die Lohnsteuerbescheinigung wie bisher auf der Lohnsteuerkarte zu erstellen.

Die Änderungen des § 41 a EStG betrifft die Lohnsteuer-Anmeldung. Auch diese ist grundsätzlich auf elektronischem Weg dem Finanzamt zu übermitteln - allerdings erst ab 2005 -. Auch insoweit gilt, daß auf Antrag die Erklärung nach amtlich vorgeschriebenem Vordruck weiter möglich ist, wenn der Arbeitgeber nicht über die technischen Voraussetzungen verfügt, die für die Übermittlung nach der Steuerdaten- Übermittlungsverordnung bereit- und eingehalten werden müssen.

Wirtschaftsrecht

Krankenversicherungen: Richtlinien für die zahnärztliche Behandlung

Das Bundesministerium für Gesundheit und soziale Sicherung hat Richtlinien des Bundesausschusses der Zahnärzte und Krankenkassen über die zahnärztliche Behandlung im Bundesanzeiger Nr. 226 vom 03.12.2003, Seite 24966 veröffentlicht. Im einzelnen handelt es sich dabei

1.

um Richtlinien für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche vertragszahnärztliche Versorgung (Behandlungsrichtlininen),

2.

um ebensolche Richtlinien für die Versorgung mit Zahnersatz und Zahnkronen,

3.

Richtlinien über Maßnahmen zur Verhütung von Zahnerkrankungen (Individualprophylaxe),

4.

Richtlinien über die Früherkennungsuntersuchungen auf Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten (zahnärztliche Früherkennung gem. § 26 II SGB V) und

5.

Richtlinien für die kieferorthopädische Behandlung.

Die Richtlinien gelten ab dem 01.01.2004.

Sozialversicherung:

Pfändung einer zukünftigen Rente.

Künftig entstehende oder fällig werdende laufende Geldansprüche auf Altersrente gegen einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung sind pfändbar, sofern die Ansprüche in einem bereits bestehenden Sozialversicherungsverhältnis wurzeln. Das gilt nicht nur für Rente wegen Alters, sondern auch für eine Rente wegen Erwerbsminderung.

BGH - Beschluß vom 10.10.2003 - IX

a ZB 180/03 -

Prozeßrecht:

Computerausfall als Wiedereinsetzungsgrund

Ein Computerausfall kurz vor Ablauf einer Schriftsatzfrist und das hierdurch bedingte Verschwinden der Textdatei mit dem Schriftsatzentwurf berechtigt zur Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand nach § 233 ZPO. Daß eine Textdatei knapp eine Stunde vor Ablauf der Frist auf der EDV-Anlage plötzlich verschwindet, ist nicht vorhersehbar und auch nicht vermeidbar. Ein Verschulden liegt auch nicht darin, daß die Berufungsbegründung erst nach kurz nach 23.00 Uhr fertiggestellt werden soll und deshalb der Text nicht erneut bis zum Ablauf der Frist geschrieben werden kann, nachdem der ursprünglich vorhandene Text verschwunden ist und nicht mehr aufgerufen werden kann. Denn nach der Entscheidung des BVerfG NJW 1991, 2076 ist eine Partei berechtigt, die ihr vom Gesetz eingeräumte prozessuale Frist bis zu ihrer Grenze auszunutzen.

OLG Celle - Beschluss vom

30.06.2003 - XIV U 49/03 -

Rentenreform

Viele Versicherte sind aufgrund der Rentenreform verunsichert und überlegen, die Altersrente früher zu beantragen oder früher in Anspruch zu nehmen. Hierzu ist darauf hinzuweisen, daß jedoch immer das Rentenrecht zum Zeitpunkt des Rentenbeginns und nicht zum Zeitpunkt der Beantragung der Rente gilt. D. h. bei Rentenbeginn in 2004 konnte eine Verschlechterung bei den Rentenansprüchen auch nicht durch einen Rentenantrag im Jahr 2003 verhindert werden.

Bei Versicherten, die lange Schul- und Studienzeiten zurückgelegt haben, könnte allerdings ein baldiger Rentenbeginn (gegebenenfalls mit Abschlag) sinnvoll sein. Denn der Gesetzgeber plant zwar nicht die Streichung der Anrechnungszeiten, jedoch die Nicht-Bewertung dieser Anrechnungszeiten. D. h., die Anrechnungszeiten zählen immer noch für die Erfüllung der Wartezeit von 35 Jahren (Anspruchsvoraussetzung für die Altersrente für schwerbehinderte Menschen ab dem 60. Lebensjahr und für die Rente für langjährig Versicherte ab dem 63. Lebensjahr).

Sie werden jedoch nicht mehr bewertet. Die Bewertung dieser Anrechnungszeiten soll stufenweise bis Ende 2008 nicht mehr erfolgen. Bestandsrentner sind nicht betroffen.

Ferner entfällt die pauschale Bewertung der ersten 36 Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen vor dem 25. Lebensjahr als Berufsausbildung. Zukünftig wird nur noch bei Nachweis der Zeit einer beruflichen Ausbildung diese Zeit als Anrechnungszeit bewertet. Folge hiervon ist, daß die Zeit einer Berufsausbildung als beitragsgeminderte Zeit in die Rentenberechnung einfließt. D. h., für Berufsausbildungszeiten vor 1991 sollte unabhängig davon, ob die Lehre erfolgreich beendet oder vorzeitig abgebrochen wurde, ein Nachweis gegenüber dem Rentenversicherungsträger erfolgen, daß die Lehrzeit zurückgelegt wurde. Geeignete Beweismittel sind der Lehrvertrag, der Gesellen-/Kaumannsgehilfenbrief, eine Bescheinigung des Ausbilders oder der Handwerkskammer bzw. der Industrie- und Handelskammer.

Ab 1992 werden Zeiten der Berufsausbildung automatisch als solche gemeldet.