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Infobrief - Hamm - 02/2001

VVG

hier: § 75 VVG - Zur Aufklärungspflicht des Versicherers bei Erteilung einer Sicherungsbestätigung

Amtlicher Leitsatz:

Der Versicherer ist bei Erteilung einer Sicherungsbestätigung verpflichtet, den Kreditgeber auf diesem nicht bekannte Umstände hinzuweisen, die für die Werthaltigkeit des Versicherungsanspruchs von wesentlicher Bedeutung sind.

Aus den Gründen:

Bei einer Fremdversicherung zu Gunsten eines Leasinggebers oder eines sonstigen Kreditgebers stehen die Rechte aus dem Versicherungsvertrag ihm als Versichertem zu (§ 75 I S. 1 VVG).

Zur Stärkung und Sicherung dieser Rechte verlangt der Kreditgeber i. d. R. eine Sicherungsbestätigung oder einen Sicherungsschein des Versicherers. Der von den Beteiligten damit verfolgte wirtschaftliche Zweck besteht darin, den Kreditgeber davor zu bewahren, durch den ersatzlosen Untergang des finanzierten Gegenstands einen Verlust zu erleiden (vgl. hierzu BGHZ 40, 297 ff).

Durch Ausstellung und Hingabe einer Sicherungsbestätigung oder eines Sicherungsscheins entstehen zwischen dem Versicherer und dem Kreditgeber Rechtsbeziehungen, die über die in den §§ 74 ff VVG geregelten hinausgehen.

Der Kreditgeber hat einen Auskunftsanspruch, der den Zweck hat, ihm eine Grundlage für seine Entscheidung zu geben, ob er die Versicherung als ausreichende Sicherheit ansehen will. Deshalb müssen die Auskünfte richtig und vollständig sein.

Der Versicherer ist verpflichtet, dem Versicherungsnehmer, aber nicht dem Kreditgeber bekannte Umstände mitzuteilen, die für die Werthaltigkeit des Versicherungsanspruchs von wesentlicher Bedeutung sind.

BGH,

Urteil vom 06.12.2000,

- IV ZR 28/00 -

BNotO

hier: § 19 BNotO – Zur Pflicht des Notars zum Hinweis auf vorhandene Belastungen des zu erwerbenden Eigentums

Amtlicher Leitsatz:

Die Pflicht des Notars, auf vorhandene Belastungen des zu erwerbenden Eigentums hinzuweisen, soll den Erwerber nicht nur davor schützen, daß er ein belastetes Objekt erwirbt, obwohl er lastenfrei hat erwerben wollen, sondern auch davor, daß die gekaufte Immobilie während der Zeit, in der eine Weiterveräußerung durch die eingetragene Belastung verhindert wird, im Wert sinkt.

Sie soll den Erwerber aber nicht davor bewahren, daß er eine Immobilie ankauft, die bereits im Zeitpunkt des Erwerbs – unabhängig vom Inhalt des Grundbuchs – wirtschaftlich gesehen ihren Preis nicht wert ist.

BGH,

Urteil vom 09.11.2000,

- IX ZR 310/99 -

Familienrecht

§§ 1361, 1573 I und II, 1574 III, 1575, 1578 BGB

Leitsätze:

a)

Zum Unterhaltsanspruch eines getrenntlebenden Ehegatten, der eine Ausbildung aufnimmt und deshalb nicht (voll) erwerbstätig ist.

b)

Zur Berücksichtigung eines anrechnungsfreien Teils des Erwerbseinkommens eines Ehegatten, der für den Betreuungs- und den Barunterhalt eines gemeinschaftlichen Kindes aufkommt und von dem anderen Ehegatten auf Zahlung von Trennungsunterhalt in Anspruch genommen wird.

Die Revision des zu Trennungsunterhaltszahlungen verurteilten Beklagten führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das OLG.

Im zu entscheidenen Fall haben beide Parteien nach Trennung und vor Scheidung eine Ausbildung begonnen.

Die vor Trennung aus der Ehe stammende Tochter der Parteien lebt beim von der Klägerin auf Trennungsunterhalt in Anspruch genommenen Beklagten. Der BGH ist dem OLG, das dem Anspruch teilweise stattgegeben hat, nicht gefolgt und hat in den Entscheidungsgründen im wesentlichen ausgeführt:

Während den im Zeitpunkt der Trennung längere Zeit nicht erwerbstätig gewesenen Ehegatten im ersten Trennungsjahr i. d. R. keine Erwerbsobliegenheit trifft, nähern sich deren Voraussetzungen mit zunehmender Verfestigung der Trennung, insbesondere wenn die Scheidung nur noch eine Frage der Zeit ist, immer mehr den Maßstäben, die nach den §§ 1569 ff BGB für den nachehelichen Unterhalt gelten.

Der zeitliche Beginn einer Erwerbsobliegenheit beurteilt sich nach dem Einzelfall. Die Klägerin dieses Falles war z. Zt. der Trennung noch jung, gesund, hatte kein Kind zu betreuen, die finanziellen Verhältnisse waren beengt. Dem Urteil war nicht zu entnehmen, daß das OLG all diese Gesichtspunkte bei der Frage der Erwerbsobliegenheit vor Ablauf des Trennungsjahres in die Betrachtung einbezogen und zutreffend gewürdigt hat.

Dasselbe gilt für die Frage, ob ein getrenntlebender Ehegatte Unterhalt beanspruchen kann, soweit er durch eine Berufsausbildung an einer Erwerbstätigkeit gehindert ist. § 1361 BGB regelt diesen Fall nicht. Da ein getrenntlebender Ehegatte im Zweifel unterhaltsrechtlich nicht schlechter gestellt werden darf, als er im Fall der Scheidung stünde, können die Tatbestände über den nachehelichen Unterhalt Maßstäbe für die Anwendung des § 1361 I BGB liefern. Danach kann ein Ausbildungsunterhalt in Betracht kommen zur Wiedereingliederung in das Erwerbsleben und zwar auch schon dann, wenn den Ehegatten noch keine entsprechende Erwerbsobliegenheit trifft. Denn es kommt den Intentionen, die das vom Grundsatz der Eigenverantwortung ausgehende Gesetz beim nachehelichen Unterhalt verfolgt, entgegen und entspricht regelmäßig den Interessen des Ehepartners, wenn der Ehegatte sich frühzeitig um eine (Wieder-) Eingliederung in das Erwerbsleben bemüht. In besonders gelagerten Fällen kann ein solcher Anspruch in Frage kommen, wenn ein Ehegatte während der Trennungszeit im Vorgriff auf die Voraussetzungen des § 1575 BGB eine Ausbildung aufnimmt, nachdem das endgültige Scheitern der Ehe feststeht. Im übrigen kommt es maßgeblich darauf an, ob zur Ausübung einer angemessenen Erwerbstätigkeit die Aufnahme einer Ausbildung erforderlich war.

Dies richtet sich nach § 1573 II BGB. Das angefochtene Urteil läßt Ausführungen sowohl hierzu als auch zur Frage, ob die Klägerin im Vorgriff auf die Voraussetzungen des § 1575 BGB eine Ausbildung hätte aufnehmen können, vermissen.

Der Senat hat für das weitere Verfahren noch Hinweise im Hinblick auf die Anrechnung des Einkommens aus einer wegen der Betreuung minderjähriger Kinder über das gebotene Maß hinaus ausgeübten Erwerbstätigkeit bei der Unterhaltsbemessung gegeben. Die Frage der Anrechnung ist nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls entscheidend.

Damit steht es in Einklang, daß das Einkommen aus einer trotz der Kinderbetreuung ausgeübten Berufstätigkeit unter Abzug des Betrages anzusetzen ist, der für die infolge dieser Berufstätigkeit notwendig gewordene anderweitige Betreuung eines Kindes aufgewendet werden mußte. Dies gilt auch, wenn keine konkreten Betreuungskosten anfallen. Die Höhe des anzusetzenden Betrages bleibt der tatrichterlichen Entscheidung überlassen, wobei bei deren Bemessung alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen sind.

BGH,

Urteil vom 29.11.2000

- XII ZR 212/98 -

§§ 1577, 1603 BGB – Unterhaltsbezogene Manipulation bei verzögerter Abgabe der Steuererklärung

Leitsätze:

1.

Die einem Arbeitnehmer mit Verspätung zufließende Steuererstattung kann schon bei der Einkommensermittlung für ein früheres Jahr berücksichtigt werden, wenn er den Verdacht nicht ausräumt, das einjährige Verzögern der Steuererklärung könnte eine unterhaltsbezogene Manipulation darstellen.

2.

Jedenfalls 50 % der berufsbedingten Fahrtkosten bei Pkw-Benutzung sind berechtigt, wenn ein geliehenes Auto benutzt wird und Benzinkosten sowie eine Monatspauschale von 100,00 DM zu zahlen sind.

Der Senat stellt in den Entscheidungsgründen fest, die erst in 2000 zugeflossene Einkommensteuererstattung für 1998 sei bei der Einkommensermittlung für 1999 zu berücksichtigen. Denn das einjährige Verzögern der Steuererklärung und damit die Verschiebung der Erstattung in das laufende Kalenderjahr, das wegen seiner fehlenden Überschaubarkeit zur Einkommensermittlung noch nicht herangezogen werden könne, stelle sich als willkürliche Beeinflussung der Einkommenshöhe des Beklagten dar. Dieser konnte keine plausible Erklärung für diese Regelwidrigkeit angeben, so daß der Verdacht einer bewußt auf den Unterhalt bezogenen Manipulation nicht ausgeräumt war.

Bei den Fahrtkosten der Klägerin hat der Senat 50 % als abzugsfähig erachtet. Ob der Umstand, daß es sich um ein vom Freund „geliehenes“ Fahrzeug handelte, wofür die Klägerin neben der Erstattung der Benzinkosten lediglich eine Pauschale von 100,00 DM monatlich zahlte, zur Reduzierung der Fahrtkosten führen könnte, blieb dahingestellt. Denn Anhaltspunkte dafür, daß die Fahrtkosten unter die hier angesetzte Hälfte des üblichen Betrages gesenkt werden konnten, bestünden nicht.

OLG Hamm,

Urteil vom 15.08.2000,

- 9 UF 28/00 (rechtskräftig;

AG – FamG - Blomberg

3 F 62/99).

§§ 114, 117 ZPO – PKH trotz unvollständigen Vordrucks

Leitsätze:

1.

Unvollständiges Ausfüllen des Vordrucks gemäß § 117 ZPO rechtfertigt die Versagung von PKH nur, wenn sich das Gericht kein zuverlässiges Bild über die wirtschaftlichen Verhältnisse machen kann.

2.

Keine Mutwilligkeit der Klage, weil der Zugewinnausgleich bereits im Scheidungsverbundverfahren kostengünstiger hätte geltend gemacht werden können.

In den Entscheidungsgründen führt der Senat aus, bei der Wahlmöglichkeit zwischen der Geltendmachung als Folgesache oder im selbständigen Verfahren könne nicht von vornherein festgestellt werden, daß im Scheidungsverbund wegen der zusammengerechneten Werte der Scheidungssache und der einzelnen Folgesachen insgesamt geringere Kosten entstehen.

Die Kosten der Folgesachen werden im Regelfall nach § 93 a ZPO gegeneinander aufgehoben, während in einem selbständigen Prozeß der Gegner im Fall des Unterliegens dem Kläger die Kosten zu erstatten hat (§ 91 I ZPO). Ist dies der Fall, ist der klagende Ehegatte durch den Zivilprozeß mit geringeren Kosten belastet, als wenn er die Streitsache als Folgesache geltend gemacht hätte. Aus dem Grund kann der klagenden Partei die PKH nicht wegen Mutwilligkeit versagt werden (s. dazu Zöller/Philippi, ZPO, 21. Aufl., § 623 Rz. 24, 24 a unter ausdrücklicher Aufgabe der bisher vertretenen Meinung).

OLG Hamm,

Beschluß vom 07.06.2000,

- 12 WF 73/00 (AG – FamG-

Lüdenscheid – 5 F 642/99)

ZPO

hier: § 286 ZPO – Zurückweisung einer Berufung vor Aufklärung eines Widerspruchs im entscheidungserheblichen Klagevortrag

Amtlicher Leitsatz:

Das Berufungsgericht darf die Berufung des Beklagten nicht zurückweisen, ehe es nicht einen vom Beklagten mit der Berufung gerügten Widerspruch im entscheidungserheblichen Klagevortrag aufgeklärt hat.

Aus den Gründen:

Der Kläger, der bei einer Gartenfeier durch einen Schuß aus einem Luftgewehr schwer verletzt worden und zu 100 % berufsunfähig war, verlangte vom Beklagten u. a. die Zahlung einer monatlichen Rente von 200,00 DM.

Nach ständiger Rechtsprechung des erkennenden Senats ist mit dem Wegfall der Arbeitskraft ein zu ersetzender Schaden nur dann verbunden, wenn und soweit sich der Ausfall oder die Beeinträchtigung sichtbar im Erwerbsergebnis konkret ausgewirkt haben (vgl. BGH VersR 1995, 422).

Das OLG war von monatlichen Einnahmeausfällen ausgegangen , die 200,00 DM übersteigen, obwohl der Beklagte in seiner Berufungsbegründung gerügt hatte, der Kläger habe in seiner Klage selbst vorgetragen, ab dem 25.07.1996 beanspruche er keinen weiteren Schadensersatz für den Verdienstausfall mehr, weil ein solcher infolge Zahlung einer weiteren privaten Berufsunfähigkeitsrente nicht mehr entstanden sei.

Dieses widersprüchliche Parteivorbringen hätte das Berufungsgericht nach Auffassung des BGH aufklären müssen, statt die Berufung zurückzuweisen.

Einer Verdienstausfallrente ist nämlich auf die voraussichtliche Dauer der Erwerbstätigkeit des Verletzten, wie sie sich ohne den Unfall gestaltet hätte, zu begrenzen (vgl. BGH VersR 1995, 1321).

BGH,

Urteil vom 28.11.2000,

- VI ZR 386/99 -

ZPO

hier: §§ 301, 304 I ZPO – Zur Zulässigkeit eines Teilurteils über einen einheitlichen Anspruch

Amtlicher Leitsatz:

Ein Teilurteil über einen einheitlichen Anspruch, der seinem Grunde nach streitig ist, darf nicht erlassen werden, solange nicht zugleich ein Grundurteil über den restlichen Anspruch ergeht.

Aus den Gründen:

Nach ständiger Rechtsprechung darf ein Teilurteil gemäß § 301 ZPO nicht ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen besteht (BGHZ 107, 236; 120, 376 ff).

Diese Gefahr besteht insbesondere dann, wenn im Falle der objektiven Klagehäufung von Leistungs- und Feststellungsansprüchen, die aus demselben tatsächlichen Geschehen hergeleitet werden, durch Teilurteil gesondert über einen oder nur einen Teil der Ansprüche entschieden wird.

Im entschiedenen Fall hatte das OLG nur über einen Teil des mit dem Zahlungsanspruch geltend gemachten Verdienstausfallschadens und über das Feststellungsbegehren entschieden. Die Entscheidung über den restlichen Anspruch auf Ersatz des Verdienstausfalls sowie über den Schmerzensgeldantrag hat es offengelassen.

Streitig blieb der Anteil des Mitverschuldens des von der bei einem Verkehrsunfall verletzten Klägerin geltend gemachten Schadensersatzanspruchs.

Da das Mitverschulden i. d. R. zum Grund des geltend gemachten Anspruchs gehört, bestände eine solche Bindungswirkung nur dann, wenn das Berufungsgericht zugleich ein Grundurteil über den restlichen Zahlungsanspruch gemäß § 304 I ZPO erlassen hätte (vgl. § 318 ZPO).

Solange das nicht geschieht, darf durch Teilurteil über einen Teil des einheitlichen Anspruchs, der seinem Grunde nach streitig ist, nicht entschieden werden.

BGH,

Urteil vom 05.12.2000,

- VI ZR 275/99 -

Steuerrecht

§ 309 AO – Pfändung einer Kapitallebensversicherung mit Rentenwahlrecht

Eine Kapitallebensversicherung mit der Möglichkeit einer Verrentung ist nicht generell unpfändbar. Pfändungsschutz besteht nur dann, wenn es sich um wiederkehrende Bezüge handelt, die dazu bestimmt sind, den laufenden Lebensunterhalt zu decken. Bei einer einmaligen Kapitalleistung besteht dieser Pfändungsschutz hingegen nicht. Bei Bestehen eines Wahlrechts zwischen einer pfändbaren und einer unpfändbaren Leistung kann der Gläubiger seine Pfändung auf den übertragbaren Anspruchsinhalt beschränken und insoweit ein bedingtes bzw. künftiges Recht pfänden, nämlich für den Fall, daß der Schuldner diesen Anspruchsinhalt wählt. Wählt der Schuldner die nicht pfändbare Leistung, wird die ursprünglich auf den pfändbaren Teil ausgerichtete Pfändung gegenstandslos.

FG Saarland,

Urteil vom 07.11.2000,

- 1 K 168/99 -

Rechtsprechung der Finanzgerichte zu anschaffungsnahem Herstellungsaufwand contra Erhaltungsaufwand:

Die Abgrenzung zwischen Anschaffungs- bzw. Herstellungskosten und Erhaltungsaufwand bereitet immer wieder Schwierigkeiten. In der Praxis gilt: Wird vorhandenes ersetzt oder ausgebessert, handelt es sich um Erhaltungsaufwand und kann in voller Höhe sofort abgesetzt werden; wird etwas neues geschaffen, ist es Herstellungsaufwand und kann nur im Wege der AfA über einen längeren Zeitraum verteilt abgesetzt werden. Die Finanzverwaltung bejahte bei Erhaltungsaufwendungen, die in zeitlicher Nähe zur Anschaffung anfielen, sog. anschaffungsnahen Herstellungsaufwand, wenn im Vergleich zum Zustand des Gebäudes im Anschaffungszeitpunkt das Wesen des Gebäudes verändert, der Nutzungswert erheblich erhöht oder die Nutzungsdauer erheblich verlängert wird. Dies sollte dann nicht geprüft werden, wenn innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung die geltend gemachten Erhaltungsaufwendungen nicht mehr als 20 v. H. der Anschaffungskosten betrugen, nach dem 31.12.1993 nicht mehr als 15 v. H.

Nach neuerer finanzgerichtlicher Rechtsprechung soll dieser Nichtaufgriffsgrenze keine Bedeutung mehr beigemessen werden. Für die Definition der Herstellungskosten wird zutreffend auf § 255 HGB verwiesen, der darauf abstellt, ob eine Neuherstellung, eine wesentliche Erweiterung oder eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung eines Vermögensgegenstands anfällt. Hierzu hat das FG Nürnberg in einer Entscheidung vom 06.10.2000 – I 207/98 – Revision eingelegt. Aktenzeichen des BFH: IX R 95/00. In weiteren Urteilen nehmen das FG Rheinland-Pfalz, FG Düsseldorf, FG Münster, sämtlich nicht rechtskräftig, Stellung.

Der BFH hat die Frage noch nicht abschließend geklärt. In einem Beschluß vom 17.06.1998 – IX B 61/98, BFH/NV 1999 S. 32 hat er lediglich festgestellt, daß hohe Erhaltungsaufwendungen in zeitlicher Nähe zur Anschaffung allein noch nicht als Beweis für Anschaffungskosten gelten können, sondern noch zu prüfen sei, ob eine wesentliche Verbesserung i. S. von § 255 HGB vorliege. Gegen ein Urteil des Thüringer Finanzgerichts vom 24.02.2000 – III 1269/99 -, das die althergebrachte Auffassung der Finanzverwaltung stützt, ist nunmehr Revision eingelegt. Das Aktenzeichen des BFH lautet: IX R 43/00.

Sollte der Senat i. S. der neueren Rechtsprechung entscheiden, worauf es nur darauf ankommt, ob die tatsächlich durch den Erwerber getragenen Aufwendungen nach der Definition des § 255 HGB, die auch im Steuerrecht verbindlich ist, als Herstellungs- oder Erhaltungsaufwand anzusehen sind, wäre dies ein Beitrag des BFH zur Steuervereinfachung.

§§ 9, 19 EStG – Umzugskosten als Werbungskosten bei den Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit

Kosten für einen Umzug können beruflich veranlaßt sein, wenn der Weg zur Arbeitsstätte wesentlich verkürzt wird oder sich die Arbeitsbedingungen in sonstiger Weise wesentlich verbessern.

Eine wesentliche Verkürzung ist anzunehmen, wenn sich die Zeit für den Weg von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück um mindestens eine Stunde täglich verringert.

Ob dies der Fall ist, kann vom FG auch mit Hilfe eines entsprechenden PC-Programms ermittelt werden.

FG Saarland,

Urteil vom 21.08.2000,

- 1 K 6/00 -

§ 32 IV S. 2 EStG – Einnahmen des Kindes bis zur Höhe des Versorgungs- und Sparer-Freibetrages keine kindergeldschädlichen Bezüge

Einnahmen eines Kindes i. H. des Versorgungs-Freibetrages (§ 19 II EStG) und des Sparer-Freibetrages (§ 20 IV EStG) sind keine Bezüge i. S. des § 32 IV S. 2 EStG und bleiben daher bei der Beurteilung, ob der Grenzbetrag überschritten wird, außer Betracht. Dieser Rechtsgrundsatz ist über den entschiedenen Einzelfall hinaus anzuwenden. Erläuterungen befinden sich im Schreiben des BMF vom 12.12.2000 (BStBl 2000 I S. 1562).

BFH,

Urteil vom 26.09.2000,

- VI R 85/99 -

Zum Steuer- EURO-Glättungsgesetz – StEuglG vom 19.12.2000

Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrats das Gesetz zur Umrechnung und Glättung steuerlicher EURO-Beträge vom 19.12.2000, BGBl 2000 I S. 1790, beschlossen. Es tritt zum 01.01.2002 in Kraft. Das StEuglG ist ein Artikelgesetz und setzt die erforderliche Anpassung der Steuergesetze und Verordnungen an die EURO-Einführung um.

Aufgrund des festgelegten Umtauschkurses von 1 EURO zu 1,95583 DM wurde befürchtet, daß durch die Anpassung insbesondere die Freibeträge, wie der Arbeitnehmer-Pauschbetrag u. ä. Freibeträge, eine zwar EURO-induzierte, aber fiskalisch motivierte Veränderung erfahren würde (Ottersbach, FR 1998, S. 1072).

Der Gesetzgeber hat mit Blick auf die Glaubwürdigkeit und Akzeptanz des EURO hiervon Abstand genommen und i. d. R. bei der Umrechnung nur eine Glättung auf den nächstliegenden EURO, also im Cent-Bereich, vorgenommen. Weitere Abweichungen werden mit der verbesserten Praktikabilität begründet, so daß es hier zu etwas größeren Abweichungen kommen kann, die allerdings nicht stärker ins Gewicht fallen.

§§ 80 III, 122 I AO – Bekanntgabe eines Verwaltungsakts

Leitsätze:

1.

§ 122 I S. 3 AO regelt seinem Wortlaut nach nur die Frage, ob eine wirksame Bekanntgabe (auch) an einen Bevollmächtigten erfolgen kann.

Es bleibt offen, ob die Vorschrift deshalb dahin auszulegen ist, daß die Bekanntgabe eines Verwaltungsakts gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist, die Rechtsbehelfsfrist auch dann in Lauf setzt, wenn ein Bevollmächtigter bestellt ist.

2.

Eine Verpflichtung zur Bekanntgabe eines Verwaltungsakts an den Bevollmächtigten des Steuerpflichtigen besteht nur dann, wenn für den Steuerpflichtigen als denjenigen, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist, ein Bevollmächtigter eindeutig und unmißverständlich gerade (auch) als Bekanntgabeadressat bestellt worden ist und sich dies unmittelbar aus der diesbzgl. Erklärung des Steuerpflichtigen bzw. seines Bevollmächtigten ergibt.

BFH,

Urteil vom 05.10.2000,

- VII R 96/99 -

§§ 173 I Nr. 1, 351, 367 II AO – Verböserung eines Änderungsbescheids

Die Finanzbehörde kann im Einspruchverfahren gegen einen auf § 173 I Nr. 1 AO gestützten Änderungsbescheid, der nach Unanfechtbarkeit des Erstbescheides erlassen wurde, gemäß § 367 II AO die Steuer auch über die im Änderungsbescheid festgesetzte Steuer hinaus erhöhen, wenn die Verböserung ihre Grundlage in dem Änderungsbescheid hat.

Im Einspruchsverfahren gegen einen Änderungsbescheid ist der Änderungsrahmen nicht durch die Höhe der Steuer im Erstbescheid und durch die Höhe der Steuer im Änderungsbescheid beschränkt.

§ 351 AO schützt nur die formelle Bestandskraft des ursprünglichen Bescheides, soweit er nicht geändert worden ist.

BFH,

Urteil vom 24.10.2000

- IX ZR 62/97