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Infobrief - Hamm - 07/2003

Steuerrecht

Vorläufiger Rechtsschutz wegen verfassungsrechtlicher Zweifel an der Besteuerung privater Wertpapierveräußerungsgeschäfte

Nach einer Entscheidung des niedersächsischen Finanzgerichts in einem Eilverfahren unterliegt die Besteuerung der Spekulationsgewinne aus Wertpapierverkäufen ernstlichen verfassungsrechtlichen Zweifeln. Die derzeitige Regelung verstößt nach Auffassung des Gerichts gegen das Gleichbehandlungsgebot des Grundgesetzes, weil der aus dieser Norm erwachsene Steueranspruch von den Finanzbehörden nicht gleichmäßig vollzogen werden könne. Wegen dieser Entscheidungen verschiedener Finanzgerichte hat das niedersächsische Finanzgericht die Beschwerde zum BFH zugelassen.

Niedersächsisches FG Beschluß vom 16.05.2003 - 13 V 184/03 -

2-Stufen-Modell als Gestaltungsmißbrauch (§ 42 AO)

Bei dem in der Praxis beliebten 2-Stufen-Modell im Zusammenhang mit der Aufnahme eines Partners durch die Einräumung einer zunächst geringen, dann sich steigernden Beteiligung hält es das FG-Saarland in einer aktuellen Entscheidung für zweifelhaft, ob diese Gestaltung nicht von vorn herein einen Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO beinhaltet.

FG -Saarland Beschluß vom 10.04.2003 - 1 V 61/03 -

Sonderausgabenhöchstbeträge für Vorsorgeaufwendungen auf dem Prüfstand des BverfG

In zwei Fällen beschäftigt sich das BVerfG mit der Frage, ob die Regelungen des § 10 III EStG zum Abzug der Vorsorgeaufwendungen verfassungskonform sind. Der BFH hat dies bejaht mit der wesentlichen Begründungen, Vorsorgeaufwendungen seien Ansparleistungen, deren Steuerfreistellung, auch soweit sie der Absicherung des zukünftigen Existenzminimums dienen, von verfassungswegen nicht geboten sei. - Urteil vom 16.10.2002 - IX R 41/99 - . In einem anderen Fall hat er BFH durch Beschluß vom 08.05.2003 - IV R 95/99 - eine Revision unter Hinweis auf die vorgenannte Entscheidung abgewiesen. Gegen die beiden Entscheidungen richten sich jeweils Verfassungsbeschwerden. Im wesentlichen wenden sich die Beschwerdeführer dagegen, daß das zu versteuernde Einkommen zu einer reinen Rechengröße degeneriert ist, die die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht mehr wiedergibt. Beamte, Richter und Politiker müßten wegen der bestehenden Versorgungs- und Beihilferegelungen keine nennenswerte Grundsicherung aus eigenem Einkommen betreiben, ihnen steht ihr zu versteuertes Einkommen ungeschmälert zur Disposition. Bei gleichem disponiblem Einkommen trägt diese Bevölkerungsgruppe eine wesentlich geringere Steuerlast als die Beschwerdeführer. Wegen der überlangen Dauer des finanzgerichtlichen Verfahrens (teilweise mehr als 12 Jahre) sehen die Beschwerdeführer den in Art. 19 IV Grundgesetz verbrieften Rechtsschutz nicht gegeben und halten den Besteuerungsanspruch deshalb für versorgt.

BverfG - 2 BvR 274/03 - und - 2 BvR 937/03 - Zum häuslichen Arbeitszimmer von Außendienstmitarbeitern - § 4 V S. 1 Nr. 6 b

EStG- Das häusliche Arbeitszimmer eines Steuerpflichtigen, der seinen Beruf teilweise im Arbeitszimmer und teilweise außer Haus ausübt, bildet den Betätigungsmittelpunkt im Sinne der Abzugsbeschränkungen, wenn dort die für den ausgeübten Beruf wesentlichen und prägenden Tätigkeiten verrichtet werden. Dies zu beurteilen, obliegt in erster Linie dem Finanzgericht als Tatsacheninstanz. Bei einem Praxis-Consultant, der ärztliche Praxen in betriebswirtschaftichen Fragen berät, betreut und unterstützt, kann das häusliche Arbeitszimmer auch dann den Mittelpunkt der gesamten beruflichen Betätigung bilden, wenn er einen nicht unerheblichen Teil seiner Arbeitszeit im Außendienst verbringt.

BFH -Urteil vom 29.04.2003 -VI R 78/02 (EN-Nr. 815/2003 - > F. 3 S. 12379 ff.) - Häusliches Arbeitszimmer bei Anmietung einer angrenzenden bzw. gegenüberliegenden Zweitwohnung in einem Mehrfamilienhaus - § 4 V S. 1 Nr. 6 b

EStG - Der in der vorgenannten Vorschrift verwendete Begriff „häuslich“, erschöpft sich nicht in Formulierungen wie „räumlicher Zusammenhang“, „bauliche Einheit“ oder „in demselben Gebäude“. Er setzt vielmehr eine innere Verbindung mit der privaten Lebenssphäre des Steuerpflichtigen voraus. Nutzt dieser, der in einem Mehrfamilienhaus wohnt, eine zusätzliche Wohnung als Arbeitszimmer, fällt diese jedenfalls dann noch unter die Abzugsbeschränkung des § 4 V S. 1 Nr. 6 b EStG, wenn sie an die Privatwohnung unmittelbar angrenzt bzw. dieser unmittelbar gegenüberliegt. Die unmittelbare räumliche Nähe der zusätzlichen Wohnung begründet in einem solchen Fall die notwendige innere Verbindung mit der privaten Lebenssphäre des Steuerpflichtigen.

BFH - Urteil vom 26.02.2003 - VI R 124/01 und VI R 125/01 -

Rechtmäßigkeit eines Sammelauskunftsersuchens zur Aufdeckung unbekannter privater Veräußerungsgeschäfte? Nach einem Beschluß vom 11.02.2003 hält das FG Münster die Rechtmäßigkeit eines an ein Kreditinstitut gerichteten Sammelauskunftsersuchens, das der Aufdeckung und Ermittlungen noch unbekannter Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften dienen soll, für ernstlich zweifelhaft. FG Münster Beschluß vom 11.02.2003 - 11 V 6957/02 - Schenkungssteuerrechtliche Grundsätze sind auch auf die Einkommensteuer anwendbar - §§ 7, 21 EstG; 11 d EStDV - Ist Gegenstand einer mittelbaren Grundstücksschenkung auch ein aus zugewandten Geldmitteln zu errichtendes Gebäude, sind dessen Herstellungskosten mit der Folge dem Schenker zuzurechnen, daß der Beschenkte bei der Ermittlung seiner Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung die hierauf entfallende AfA als Rechtsnachfolger in Anspruch nehmen kann.

FG-Düsseldorf (nrkr) Urteil vom 13.11.2002 - 16 K 4405/98 -

Teilweise Privatnutzung eines unternehmerischen Gebäudes In einem Beschluß vom 25.05.2000 hat der BFH die Frage aufgeworfen, ob die private Nutzung einer Wohnung in einem dem Unternehmen zugeordneten Gebäude, bei dessen Anschaffung der Unternehmer den Vorsteuerabzug geltend machen konnte, als steuerfreier oder steuerpflichtiger Eigenvebrauch im Sinne von Art. 6 II a i. V. m. Art. 13 Teil B Buchstabe b der 6. EG-Richtlinie zu beurteilen ist. Hierzu hat der EuGH entschieden, daß diese Vorschriften so auszulegen sind, daß sie nationalen Rechtsvorschriften entgegenstehen, wonach die Verwendung eines Teils eines insgesamt dem Unternehmen zugeordneten Betriebsgebäudes für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen als eine steuerfreie Dienstleistung behandelt wird.

EuGH, Urteil vom 08.05.2003 - Rs. C- 269/00 -

BGH-Rechtsprechung zur Pfändbarkeit von Rentenversicherungsansprüchen Zukünftig entstehende oder fällig werdende laufende Geldansprüche gegen einen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung sind pfändbar, sofern die Ansprüche auf einem bereits bestehenden Sozialversicherungsverhältnis basieren. Das noch nicht rentennahe Alter des Schuldners steht einer solchen Pfändung grundsätzlich nicht entgegen. Die Vorinstanz hatte angenommen, für die Pfändung künftiger Rentenansprüche bestehe eine Gesetzeslücke.

BGH Beschluß vom 21.11.2002 - IX ZB 85/02 -

Aktuelles aus dem Verkehrsrecht / Ordnungwidrigkeitenrecht

Das Mitführen eines betriebsbereiten Radarwarngerätes begründet eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit, die eine polizeirechtliche Beschlagnahme sowie die Einziehung und Vernichtung des Gerätes rechtfertigen kann. Dem Erlaß derartiger Maßnahmen steht europäisches Gemeinschaftsrecht nicht entgegen. Seit dem 01.01.2002 besteht ein bundeseinheitliches Verbot, Radarwarngeräte zu betreiben oder bedriebsbereit mitzuführen. Der Verstoß hiergegen stellt eine Ordnungswidrigkeit gem. § 24 StVG i. V. m. 49 I Nr. 22 StVO dar. VGH Baden-Württemberg Beschluß vom 29.10.2002 - 1 F 1925/01, VBI.BW 2003, 192 - Zusammentreffen von Geschwindigkeitsüberschreitung und Vorfahrtmißachtung bei einem Unfall Der rechtliche Ursachenzusammenhang zwischen einer Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit und einem Verkehrsunfall ist zu bejahen, wenn bei Einhaltung der zulässigen Geschwindigkeit zum Zeitpunkt des Eintritts der kritischen Verkehrssituation der Unfall vermeidbar gewesen wäre. Kritisch ist die Verkehrssituation für den Verkehrsteilnehmer, wenn ihm die konkrete Verkehrssituation den Eindruck unmittelbar bevorstehender Gefahrensituation verschafft. Gibt der Vorfahrtberechtigte dem Wartepflichtigen durch einen Verkehrsverstoß - Geschwindigkeitsüberschreitung - Anlaß, die Wartepflicht zu verletzen, kann die kritische Verkehrssituation bereits vor der eigenen Vorfahrtverletzung eintreten. Der Schutz des Vertrauens in das verkehrsgerechte Verhalten des anderen kommt regelmäßig demjenigen nicht zugute, der sich selbst über Verkehrsregeln hinwegsetzt, die auch dem Schutz des unfallbeteiligten Verkehrsteilnehmers dienen.

BGH, Urteil vom 25.03.2003 - VI ZR 161/02 -