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Rechtliches Interesse an der Feststellung der Ersatzpflicht für immaterielle Zukunftsschäden

hier: § 256 ZPO

Amtlicher Leitsatz:

Besteht die Möglichkeit des Eintritts weiterer Verletzungsfolgen, so kann ein rechtliches Interesse an der Feststellung der Ersatzpflicht für immaterielle Zukunftsschäden auch dann gegeben sein, wenn der Schmerzensgeldanspruch dem Grunde nach bereits für gerechtfertigt erklärt worden ist.

Aus den Gründen:

Der damals 1 ½-jahre alte Kläger war von seiner Mutter zu einem Behandlungstermin beim Beklagten mitgenommen worden.

Die Mutter mußte sich dort für ca. 20 Minuten mit dem Rücken auf eine Liege mit Kühlkissen legen, die durch Betätigung zweier in Kniehöhe angebrachter Elektrotaster auf- und abbewegt werden konnten.

Nachdem der Beklagte zunächst erklärt hatte, er werde sich für die Dauer der Behandlung um den Kläger kümmern, begab er sich während eines Telefonats in einen Nebenraum und ließ den Kläger im Behandlungsraum zurück.

Dieser geriet bei dem Versuch, auf die Liege zu klettern, an den Taster, mit dem man die Liege herunterfahren konnte und wurde durch deren Abwärtsbewegung mit dem Kopf zwischen Liege und Untergestell eingeklemmt. Dabei erlitt er einen Schädelbruch. Der rechte Sehnerv wurde derart geschädigt, daß der Kläger auf dem rechten Auge erblindete. Durch eine Hirnblutung kam es zu einer dauerhaften Wesensveränderung.

Das OLG erklärte die Schmerzensgeldklage dem Grunde nach für gerechtfertigt und stellte außerdem fest, daß der Beklagte dem Kläger alle materiellen Schäden aus dem Unfall zu ersetzen habe. Die weitergehende Klage hatte es abgewiesen.

Streitig war in der Revisionsinstanz noch der Anspruch auf Feststellung der Ersatzpflicht für immaterielle Zukunftsschäden.

Zwar war, wie das OLG mit Recht angenommen hatte, zum Zwecke der einheitlichen Bemessung und Abgeltung des Schmerzensgeldanspruchs eine Prognose über die zukünftige Entwicklung zu treffen, deren Ergebnis in die Festsetzung des Schmerzensgeldbetrages einzufließen hatte.

Diese Grundsätze schließen aber ein Interesse des Klägers an der Feststellung der Ersatzpflicht für immaterielle Schäden nicht aus.

Besteht die Möglichkeit eines weiteren Schadenseintritts, so reicht das für das nach § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse grundsätzlich aus (vgl. auch BGH, Urteil vom 16.01.2001 – BGH-LS 127/01 -). Das Feststellungsinteresse entfällt auch nicht deshalb, weil der Schmerzensgeldanspruch des Klägers dem Grunde nach für gerechtfertigt erklärt worden ist und in dem anschließenden Betragsverfahren ein umfassendes Schmerzensgeld festgesetzt werden wird. Denn mit diesem

Schmerzensgeld werden lediglich alle bereits eingetretenen oder erkennbaren sowie alle objektiv vorhersehbaren unfallbedingten Verletzungsfolgen abgegolten.

BGH,

Urteil vom 20.03.2001,

- VI ZR 325/99 -